Steuerhinterziehung und die drohenden Konsequenzen

Der neuesten Statistik des Bundesamtes für Finanzen zufolge gab es 2014 fast 90.000 Strafverfahren wegen Steuerstraftaten. Zudem wurden bundesweit rund 4.300 Bußgeldverfahren abgeschlossen und Bußgelder in einer Gesamthöhe von über 12,5 Mio. € festgesetzt. In dem Zeitraum bearbeitete die Steuerfahndung bundesweit insgesamt 40.241 Fälle. Dabei wurden Mehrsteuern in Höhe von rund 2,5 Mrd. € festgestellt und Freiheitsstrafen im Gesamtumfang von 1.698 Jahren verhängt. Dies bedeutet eine Steigerung der vollendeten Fälle um ca. 18 Prozent sowie einen Zuwachs der beschlagnahmten Gelder von bis zu 37 Prozent in den letzten Jahren. Seit dem Jahr 2017 arbeiten Finanzstrafbehörden aus über 60 Ländern eng zusammen (auch die Schweiz und Liechtenstein sind Teil des Pakts!), um jeden Verdächtigen ins Fadenkreuz zu nehmen.

Der nachstehende Artikel informiert Sie (nicht abschließend) über die Strafbarkeit, die Strafzumessung und die Konsequenzen der Steuerhinterziehung.


Allgemeines zur Strafe

Vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung sind – wie bei kaum einer anderen gesetzlichen Strafnorm – nahezu alle Bundesbürger betroffen. Ob nun im Großen oder im Kleinen, jeder Bürger droht schnell ins Visier der Finanzermittler zu geraten: von einer Auslandsreise mitgebrachte Genussmittel werden oftmals nicht ordnungsgemäß angemeldet. Dasselbe gilt für das Verschweigen von Zinsgewinnen auf ausländischen Konten.

 

Steuerhinterzieher = Straftäter?

Rein rechtlich gesehen handelt es sich bei der Steuerhinterziehung um ein so genanntes Vergehen.

Ein Vergehen ist eine Straftat, welche im Strafmaß unter einem Jahr bleibt. Hingegen sind Verbrechen Straftaten, die mit mindestens einem Jahr Strafvollzug bedroht sind. Da die Steuerhinterziehung zumindest in ihrer einfachen Begehungsvariante keine Mindeststrafe vorsieht, vielmehr sogar eine reine Geldstrafe in Betracht kommt, handelt es sich daher rechtlich um ein sogenanntes Vergehen. Beachten Sie hierbei jedoch, dass es in diesem Jahr hierzu eine Gesetzesänderung gab (siehe dazu unseren Artikel: Das Fahrverbot für alle kommt).

In der deutschen Gesellschaft kommt die Steuerhinterziehung, der Betrug am Staat und der Gemeinschaft, jedoch weniger gut an. Viele Gerichte richten Steuerhinterzieher knallhart ab. Dabei werden zum Teil so hohe Haftstrafen verhängt, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob es sich um Gewalttäter oder um einen Steuerhinterzieher handelt.

Das Hintergehen des Systems ist somit zwar rein dogmatisch gesehen kein Verbrechen. Der Steuerhinterzieher wird jedoch faktisch wie ein Verbrecher behandelt, wie Sie im folgenden Text erfahren werden.

 

Welche Steuern können überhaupt hinterzogen werden?

Allgemein kann jede Art der Steuer hinterzogen werden. In der Praxis haben sich jedoch Schwerpunkte zur Steuerhinterziehung entwickelt: Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Lohn-, Gewerbe- und Vermögenssteuer sind die am meisten hinterzogenen Steuern.

 

Der Strafrahmen für Steuerhinterziehung

Zentrale Vorschrift für die Steuerhinterziehung ist § 370 Abgabenordnung (AO).
§ 370 AO regelt in Abs. 1 die einfache Steuerhinterziehung mit einer Geld- oder Gefängnisstrafe bis zu 5 Jahren. Die qualifizierte Steuerhinterziehung ist in § 370 Abs. 2 AO geregelt. Hier ist der Strafrahmen – von mindestens sechs Monate bis max. 10 Jahre – geregelt. Entscheidend für die Strafe ist hierbei der Einzelfall.

 

Das Strafmaß in der Praxis

Pauschal lässt sich nicht sagen, welche exakten Kriterien ein Richter in die Überlegungen seines Urteils einfließen lässt. Steuerstrafrecht ist zum Großteil Einzelfallrechtsprechung!

Die wesentlichen Abwägungspunkte sind im § 46 des Strafgesetzbuches (StGB) aufgeführt:

  • das Maß an Pflichtwidrigkeit (übersetzt: die Höhe der Steuerhinterziehung),
  • die Beweggründe und die Ziele des Täters bei Begehung der Steuerhinterziehung,
  • die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Begehung der Steuerhinterziehung aufgewendete Wille,
  • die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Steuerhinterziehung,
  • das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse,
  • das Verhalten des Täters nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie sein Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

Welche Art der Pflichtverletzung auf Sie zutrifft und welche Strategien zur Verteidigung möglich sind, hängt immer vom Einzelfall ab. Sie sollten sich hierzu mit Ihrem Anwalt beraten, um böse Überraschungen zu umgehen.

 

Strafen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hält die Höhe der hinterzogenen Steuern (richtigerweise) für maßgeblich zur Urteilsfindung. Diese werden am Ende auch das Zünglein an der Waage sein, ob der Hinterziehende am Ende mit einer Gefängnis oder Geldstrafe rechnen muss.

Folgende Erfahrungswerte lassen sich hinsichtlich der bei Steuerhinterziehung drohenden Strafen zu folgendem groben tabellarischen Überblick zusammenfassen:

 

Hinterzogene Steuern Mögliche Strafe Bewährung möglich?
bis 1.000 € i.d.R. Einstellung gegen Auflage
bis 50.000 € Geldstrafe
ab 50.000 € Haftstrafe, ggf. Geldstrafe Ja
ab 100.000 € Freiheitsstrafe Ja
bis 1.000.000 € Freiheitsstrafe Ja
ab 1.000.000 € Freiheitsstrafe Nein

 

Gibt es pauschale Geldstrafen?

Festgelegte Grenzwerte für Geldstrafen gibt es im deutschen Strafsystem nicht.

Bei einer Steuerhinterziehung von weniger als 50.000 € und bei einer Hinterziehung von unter 100.000 €, wenn Sie den Finanzbehörden lediglich steuerlich erhebliche Tatsachen verschwiegen haben und nicht aktiv falsche Angaben gemacht haben, um in betrügerischer Absicht die Auszahlung von Geldern zu erlangen, können Sie allerdings in der Regel mit einer Geldstrafe rechnen.

Geldstrafen werden in der Bundesrepublik seit 1975 in Tagessätzen verhängt (1 € – 30.000 €). Dahinter steckte das Bestreben, die Strafen den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten anzupassen: „Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte.“ (§ 40 Abs. 2, Satz 2 StGB).

Vereinfacht bedeutet dies: Anzahl Tagessätze x Höhe in € = Geldstrafe in €.

 

Erfahrungswerte zum Strafmaß

Nachstehend erhalten Sie einen groben Überblick über Erfahrungswerte der Rechtsprechung in Deutschland. Diese Tabelle gibt Ihnen jedoch nur einen groben Überblick.

Von Fall zu Fall können strafmildernde- oder strafschärfende Umstände das Strafmaß gravierend beeinflussen. Auch Ihr Wohnsitz kann durchaus Einfluss auf die Höhe der Strafe oder auf die Anzahl Ihrer Tagessätze haben, da dies von Bundesland zu Bundesland durchaus anders gehandhabt wird.

 

Hinterzogene Steuern

Anzahl der Tagessätze

bei ca. 1.000 €

ca. 5 bis 10 Tagessätze

bei ca. 5.000 €

ca. 30 bis 40 Tagessätze

bei ca. 10.000 €

ca. 70 bis 80 Tagessätze

bei ca. 25.000 €

ca. 180 bis 220 Tagessätze

bei ca. 50.000 €

ca. 200 bis 360 Tagessätze

bei ca. 100.000 €

ca. 360 Tagessätze

 

Droht eine Gefängnisstrafe?

In der deutschen Rechtsprechung hat sich hierzu ein Trend hergeleitet, an dem sich viele Gerichte orientieren. Wahrscheinlich müssen Sie bei einer Steuerhinterziehung von 50.000 € und mehr mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Ab einem Hinterziehungsbetrag von mehr als 100.000 € ist eine Freiheitsstrafe äußerst wahrscheinlich.

Konsultieren Sie in jedem Fall Ihren Anwalt!

 

Bewährung

Bei der Frage der Bewährung werden sich die Gerichte Ihre Vorgeschichte ansehen.

Sollten bisher nicht strafrechtlich aufgefallen sein und Ihr Hinterziehungsbetrag einen gewissen Grenzwert nicht überschreiten, haben Sie wahrscheinlich Glück und können den Freiheitsentzug umgehen (Bewährung). In allen anderen Fällen ist eine Gefängnisstrafe durchaus möglich. Auch hier sollten Sie sich mit ihrem Anwalt beraten, und die Ihnen zur Verfügung stehenden Optionen abwägen.

 

Wann ist eine Bewährung definitiv ausgeschlossen?

Eine Aussetzung der verhängten Haftstrafe zur Bewährung kommt im Zweifelsfall nur dann in Betracht, falls Sie nicht zu mehr als zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden.  Ab einer Verurteilung zu mehr als zwei Jahren Haft ist die Bewährung definitiv ausgeschlossen.

 

Sind verurteilte Steuersünder vorbestraft?

Eine Vorbestrafung ist immer unangenehm und kann privat und auch beruflich zu Komplikationen führen. Ob Sie vorbestraft sind oder nicht, können Sie dem Bundeszentralregister entnehmen.

Es gilt jedoch, dass jeder rechtskräftig Verurteilte auch vorbestraft ist. Hierbei ist es nicht relevant, ob Sie zu einer Gefängnis-, Bewährungs- oder Geldstrafe verurteilt wurden.

Die Vorstrafe kann jedoch aus dem Bundeszentralregister gestrichen werden. Ob und wann dies geschieht, hängt jedoch von der Höhe der Verurteilung ab. Diese Frist gilt bei Steuerstraftaten in der Regel zwischen fünf und zehn Jahren.

 

TIPP:

Sie können im Zweifelsfall verschweigen, dass Sie vorbestraft sind (siehe § 53 BZRG), wenn Sie strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind und (bei einer Steuerhinterziehung) zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Haftstrafe von nicht mehr als drei Monaten verurteilt wurden.

 

Steuerhinterziehung und Untersuchungshaft – passt das zusammen?

Man kann sich oftmals nur sehr schwer vorstellen, in Untersuchungshaft zu kommen. Der Freiheitsentzug ohne Verurteilung, nur mit richterlichem (willkürlichem) Erlass, ist jedoch auch bei Vermögensstraftaten möglich. Besteht gegen Sie ein Verdacht der Steuerhinterziehung, so befinden Sie sich recht schnell in der so genannten U-Haft. Der Flucht- und Verdunklungsverdacht steht schnell im Raum.

Sprechen Sie sich hierzu auch mit Ihrem Anwalt ab!

 


Kostenpunkt Anwalt

Allgemein gilt: Guter Rat ist teuer!

Die Steuerfahndung ist ein abgebrühtes Team aus Spezialisten. Sie sollten sich hier auch Profis suchen, denen Sie und Ihre Angehörigen vertrauen wollen und können. Sie und Ihre Familie brauchen in solchen Situationen eine akribische, zuverlässige Rechtsberatung von Ihrem steuerlichen Strafverteidiger.

 

 

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